Kleine Hygienekunde
Desinfektionsmittel
Wie wirken Desinfektionsmittel? In den meisten Händedesinfektionsmitteln sind Alkohole als antimikrobielle Wirkstoffe enthalten. Die drei klassischen Alkohole, die dabei zum Einsatz kommen, sind Ethanol, 2-Propanol (= Isopropanol) und 1-Propanol (= n-Propanol). Sie können sowohl einzeln als auch in Kombination untereinander oder mit anderen Wirkstoffen eingesetzt werden. Die antimikrobielle Wirkung der Alkohole beruht auf der Fähigkeit, die Struktur von Proteinen (Eiweißen) unspezifisch zu verändern.
Die Alkoholmoleküle schädigen die äußere Zellmembran der Mikroorganismen, dringen in das Zellinnere ein und zerstören die innere Struktur der Zellmoleküle und der Proteine im Zellinnern. Diese Vorgänge führen dann zu einem Verlust der zellulären Aktivität und schließlich zum Zelltod. Die drei Alkohole wirken zwar alle nach demselben Prinzip, unterscheiden sich aber leicht in ihren Wirkspektren. Ethanol kann beispielsweise als alleiniger Wirkstoff in geeigneter Konzentration gegen alle unbehüllten Viren wirken (viruzid), wobei 1-Propanol und 2-Propanol meist nur das Wirkspektrum „begrenzt viruzid PLUS“ abdecken. Im Gegensatz dazu zeigen die beiden Propanole bereits in geringeren Konzentrationen als Ethanol eine effektive bakterizide Wirksamkeit.
Ethanol wird meist in Konzentrationen zwischen 60 % und 95 % eingesetzt.
Spezialfälle Viren
Behüllte Viren
(z.B. SARS-CoV-2, Influenza, HIV)
Die Virushülle der behüllten Viren besteht strukturell aus Lipiden und darin eingelagerten viralen Proteinen. Diese Lipidmembran bietet einen optimalen Angriffspunkt für Alkohole und andere Wirkstoffe, weswegen behüllte Viren auch am leichtesten inaktiviert werden. Dafür reicht dann ein Desinfektionsmittel mit dem Wirkspektrum begrenzt viruzid.
Unbehüllte Viren
(z.B. Enteroviren, Polyomaviren)
Unbehüllte Viren sind gegenüber Desinfektionsmitteln am beständigsten. Sie werden nur mit dem Wirkspektrum viruzid erfasst.
Adeno-, Rota- und Noroviren
Adeno-, Rota- und Noroviren sind Ausnahmen in der Gruppe der unbehüllten Viren. Durch ihre partiell lipophilen Eigenschaften können sie leichter als andere unbehüllte Viren inaktiviert werden. Daher werden sie bereits mit dem Wirkspektrum begrenzt viruzid PLUS abgedeckt.
Hautverträglichkeit alkoholischer Händedesinfektionsmittel
Auch in der Hautverträglichkeit unterscheiden sich die verschiedenen Alkohole voneinander. Ethanol zeigt zum Beispiel eine bessere Gewebeverträglichkeit als 2-Propanol, weswegen ethanolbasierte Händedesinfektionsmittel besonders bei bereits irritierter und empfindlicher Haut zu bevorzugen sind. Am optimalsten für die Haut ist ein mehrstufiges Hautschutzkonzept, aufbauend auf den vier Säulen des beruflichen Hautschutzes: Hautschutz, Reinigung, Desinfektion und Pflege. Allerdings lässt es der stressige Berufsalltag nicht immer zu, dieses Konzept entsprechend umzusetzen. Daher ist bei der Auswahl des richtigen Händedesinfektionsmittels der Zusatz geeigneter Pflegestoffe ein wichtiger Aspekt, um schon früh Irritationen und Reizungen aufgrund intensiver Hygienemaßnahmen entgegenzuwirken. Denn die Verwendung alkoholischer Desinfektionsmittel ist nicht nur bei optisch sauberen Händen bereits die hautschonendere Alternative zum Händewaschen. Enthalten die Produkte entsprechende Pflegestoffe, können sie sogar einen positiven Einfluss auf den Hautzustand nehmen. Jedoch nehmen alle Komponenten eines Desinfektionsproduktes auch Einfluss auf dessen Wirksamkeit. Daher ist eine Wirksamkeitsprüfung nach anerkannten Standards, wie den europäischen Normen (EN), ein entscheidendes Qualitätsmerkmal für Desinfektionsmittel. Ohne den Nachweis solcher Prüfungen werden die Produkte zum Beispiel nicht in die gängigen deutschen Desinfektionsmittellisten aufgenommen. Entsprechende Siegel verweisen auf eine dortige Listung. Zusätzlich können die Listen auch kostenlos auf den Internetseiten der Herausgeber eingesehen werden.
Bekannte Pflegestoffe sind z.B. Glycerol oder Panthenol.
Gängige deutsche Desinfektionsmittellisten
VAH (Verbund für Angewandte Hygiene e.V.)
Relevante Liste für medizinische und öffentliche Bereiche, Pflege- und Gemeinschaftseinrichtungen sowie Privathaushalte im Krankheits- oder Pflegefall. Alle gelisteten Produkte sind bakterizid und levurozid. Weitere Eigenschaften können ggf. ausgewiesen werden. Um in diese Liste aufgenommen zu werden, müssen die Produkte Wirksamkeitsnachweise nach VAH-Standardmethoden vorweisen.
IHO (Industrieverband Hygiene und Oberflächenschutz)
Liste wirksamer Hände-, Flächen- und Instrumentendesinfektionsmittel in den professionellen Anwendungsbereichen Gesundheitswesen, Wäschedesinfektion, Lebensmittelherstellung, öffentlicher/industrieller Bereich und Tierhaltung. Relevant für die Listung sind Prüfmethoden nach europäischen Normen (EN) sowie die DVV/RKI-Prüfmethode.
RKI (Robert-Koch-Institut)
Bei behördlich angeordneten Desinfektionsmaßnahmen dürfen gemäß §18 des Infektionsschutzgesetzes nur Mittel und Verfahren verwendet werden, die vom RKI und anderen Institutionen auf ihre Wirksamkeit sowie Unbedenklichkeit für Gesundheit und Umwelt geprüft wurden und entsprechend in dieser Liste aufgeführt sind.